Die Studie

Vom 25. Juni bis zum 31. Oktober 2019 wurde, finanziert von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa, die erste repräsentative Bevölkerungsbefragung zur Kulturellen Teilhabe in Berlin durchgeführt. Eines ihrer zentralen Themen war das ehrenamtliche Engagament der Berliner*innen im Kulturbereich. 

kurz&knapp-Bericht „Ehrenamtliches Engagement im kulturellen Bereich. Analysen aus der Bevölkerungsbefragung Kulturelle Teilhabe in Berlin 2019”

Deutschland galt als ein Land des Ehrenamts. Viele gesellschaftliche Bereiche wären ohne den stetigen Einsatz Ehrenamtlicher undenkbar aufrecht zu erhalten. Ohne das vielfältige Wirken ehrenamtlich Engagierter wäre auch die Qualität und Breite des Berliner Kulturbereichs kaum vorstellbar. Nicht nur werden soziokulturelle Zentren, Kulturvereine und die Freie Szene in entscheidendem Maße von ehrenamtlichem Engagement geprägt, auch in vielen Museen und anderen „klassischen“ Kultureinrichtungen bilden Ehrenamtliche einen wichtigen Stützpfeiler. Das Ehrenamt oder auch freiwillige Engagement bezeichnet dabei Tätigkeiten, die „freiwillig und gemeinschaftsbezogen ausgeübt werden, im öffentlichen Raum stattfinden und nicht auf materiellen Gewinn ausgerichtet sind.“

Die COVID-19-Pandemie stellte für das Ehrenamt in Deutschland und damit auch in Berlin eine Zäsur dar, deren Konsequenzen noch nicht absehbar sind. Nicht nur mussten viele Wirkungsstätten pandemiebedingt (mindestens) zeitweise schließen, auch änderte sich durch Zeitarbeit, Arbeitsplatzverlust oder zusätzliche Betreuungsarbeit die Lebenssituation sowie die Ausstattung mit Zeit- und Finanzressourcen vieler Engagierter deutlich. Die Option für eine ehrenamtliche Betätigung war für viele Menschen schlicht nicht mehr gegeben. Inwieweit die Pandemie auch langfristig Einfluss auf das Level an ehrenamtlichem Engagement in der Gesellschaft nehmen wird, müssen zukünftige Untersuchungen zeigen. Dies gilt selbstverständlich nicht nur bezogen auf den Kulturbereich. Die große Sorge ist, dass viele Ehrenamtliche (auch) weiterhin nicht zu ihrem vorherigen Engagement zurückkehren werden. Gleichzeitig fehlt anscheinend in vielen Bereichen zunehmend der ehrenamtliche Nachwuchs.

Warum nehmen viele Ehrenamtlichen ihre vorherigen Tätigkeiten nicht wieder auf und was hält den Nachwuchs von einem Engagement ab? Für eine Erklärung des Ist-Zustandes und für Hinweise, wie aktuellen Entwicklungen entgegengesteuert werden kann, ist ein Blick in die Vergangenheit möglicherweise sehr hilfreich. Dieser kurz&knapp-Bericht beleuchtet deshalb das kulturelle Ehrenamt vor der Pandemie. Er nimmt dabei folgende Fragen in den Fokus:

  • Wie viele Berliner*innen waren 2019 ehrenamtlich engagiert und wie viele von ihnen im Kulturbereich? 
  • Wer engagierte sich im Kulturbereich in Hinblick auf Alter, formale Bildung, Einkommen und Lebensstil? 
  • Was waren 2019 die zentralen Wirkungsstätten von kulturell Engagierten? 
  • Was waren die kulturellen Tätigkeitsbereiche, die sich die Berliner*innen am ehesten für ein eigenes Engagement vorstellen können?

Grundlage der folgenden Analysen ist die repräsentative Bevölkerungsbefragung „Kulturelle Teilhabe in Berlin 2019“, die vom 25. Juni bis zum 31. Oktober 2019 durchgeführt und von der Senatsverwaltung für Kultur und Europa finanziert wurde. Im Sommer 2023 wird die nächste Bevölkerungsbefragung zur Kulturellen Teilhabe in Berlin durchgeführt, die ebenfalls ein Fragemodul zu kulturellen Ehrenämtern beinhaltet. In zukünftigen Auswertungen soll der Einfluss der Pandemie auf das kulturelle Ehrenamt untersucht werden.

Zentrale Ergebnisse

  • Jede*r dritte Berliner*in engagierte sich 2019 vor der COVID-19-Pandemie ehrenamtlich – mindestens jede*r achte im kulturellen Bereich (z. B. Vereine, Bibliotheken Kultureinrichtungen, Freie Szene, Soziokultur.
  • In Berlin ist zu dieser Zeit im Vergleich zur Bundesrepublik ein überdurchschnittliches Engagement von Jüngeren feststellbar. Wie im restlichen Deutschland handelt es sich dabei vor allem um formal Höhergebildete.
  • Unter kulturell Engagierten finden sich 2019 trotz hoher formaler Bildung überdurchschnittlich oft armutsgefährdete Menschen. Ressourcen für ihr Engagement konkurrieren mit Ressourcen der eigenen Existenzsicherung.
  • Zu den wichtigsten Orten des Engagements im Kulturbereich gehörten zu diesem Zeitpunkt soziokulturelle Zentren, Kulturvereine und Orte der Freien Szene – Orte mit oftmals geringer Ressourcenausstattung. Das grundsätzliche Interesse an Ehrenämtern in „klassischen“ Kultureinrichtungen war jedoch ebenso hoch wie bei ihnen.
  • Am ehesten ist 2019 für die Berliner*innen vorstellbar, zeitlich begrenzt und auch vom Aufwand her überschaubar mitzuwirken, etwa bei Veranstaltungen. Auch bei der Förderung von Kultureller Teilhabe könnten die Berliner*innen eine zentrale Rolle spielen: Für viele ist es (auch) vorstellbar, anderen Menschen Besuche ermöglichen.
  • Eine Mitarbeit an den inhaltlichen Kerntätigkeiten der Angebote ist ein attraktiver Faktor beim ehrenamtlichen Engagement im Kulturbereich. Die Berliner*innen könnten sich dabei sowohl vorstellen, Inhalte an Besucher*innen zu vermitteln als auch Angebote mitzugestalten.