Gruppenfoto von der Früjahrstagung des Arbeitskreises Kultur der DeGEval

Am Freitag, den 9. Juni 2023 veranstaltete der Arbeitskreis Kultur & Kulturpolitik in der DeGEval e.V. in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kulturelle Teilhabeforschung seine diesjährige Frühjahrstagung.

Nach pandemiebedingten Jahren der virtuellen Zoom-Konferenzen war endlich wieder ein Treffen in Präsenz möglich. So versammelten sich 25 Teilnehmende in der Stiftung für Kulturelle Weiterbildung und Kulturberatung in Berlin, um sich auszutauschen und über „Die Rolle von Evaluationen in Kulturmanagement und Kulturpolitik während der COVID-19-Pandemie“ zu diskutieren. Der Kreis der Teilnehmenden setzte sich sowohl aus bekannten Mitgliedern des Arbeitskreises, als auch aus erstmals teilnehmenden Gästen zusammen.

Mit der Vorstellungsrunde wurde eine kleine Bestandsaufnahme von Evaluationen durchgeführt, welche den Teilnehmenden in den COVID-19-Jahren im Feld von Kultur & Kulturpolitik besonders aufgefallen sind. Es wurde festgestellt, dass aufgrund der enormen quantitativen Zunahme der finanziellen Kulturförderung zwischen 2020 und 2022 (z.B. Neustart-Programm der BKM) der Legitimationsdruck auf Kultureinrichtungen, wie auch auf Fördergeber*innen generell gestiegen ist. Dies wurde zuerst positiv bewertet, denn dadurch wurde die Kultur der Evaluation im Handlungsfeld an sich gefördert. Es wurde jedoch auch zeitgleich bemängelt, dass viele Evaluationen von pandemiebedingten Förderprogrammen in ihrem Auftrag und Erkenntnisinteresse unklar formuliert waren. Es war nicht immer ersichtlich, was genau evaluiert werden sollte und was die Ergebnisse bewirken sollten. Insbesondere die – dringend notwendigen – Konsequenzen für politische Entscheidungen in Zeiten von plötzlichen Lockdowns und sich schnell ändernder Rahmenbedingungen wurden im Handlungsfeld von Kultur und Kulturpolitik nur selten auf Grundlage evidenzbasierter Erkenntnisse gezogen. Vermutlich sind (wieder einmal) auch ein paar nicht unaufwändige Evaluationen für die Schublade entstanden.

In den folgenden Beiträgen wurden verschiedene Evaluationen und Forschungsprojekte vorgestellt und unter der Fragestellung diskutiert, wie die Pandemie die Rahmenbedingungen der Evaluationspraxis beeinflusst hat und welcher Strukturen es bedarf, um Evaluationen im Handlungsfeld krisensicher durchzuführen.

Dr. Britta Nörenberg (Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, Berlin) und Dr. Birte Jung (Transformationsmanagerin für nachhaltige Kultur, Berlin) stellten in ihrem Beitrag „Kultur im Freien während der Pandemie“ ihre wissenschaftliche Begleitforschung des Förderprogramms DRAUSSENSTADT und des Teilbereichs „gesamtstädtischer Aushandlungsprozess“ von Kultur im Grünen von 2021 bis 2022 vor. Auffällig war, dass die beiden Wissenschaftler*innen zwar den gleichen Gegenstand beforschten, jedoch von unterschiedlichen Verwaltungen des Landes Berlins gefördert wurden. Dies führte dazu, dass sie erst im Projektverlauf aufeinander aufmerksam geworden sind und ihre Forschungen parallel abstimmen konnten. Neben spannenden inhaltlichen Erkenntnissen zur Umsetzung von Kulturveranstaltungen im Grünen und den damit verbundenen unterschiedlichen Belangen der Stakeholder*innen zeigten die Projekte vor allem pandemiebedingte Einflüsse auf die Projektdurchführung und Datenerhebung. Dies führte zwangsläufig zu einem agilen Projektmanagement, welches einige Anpassungen im Studiendesign nach sich zog.

Regina Cosenza Arango (Referentin Kulturelle Bildung Klassik Stiftung Weimar) diskutierte in ihrem Vortrag „Das Publikum ist überall!“ Wirkungsorientierung als krisenfester Evaluierungsansatz und Mittel der Organisationsentwicklung. Auch hier wurde deutlich, wie sehr eine noch so strategische Planung der eigenen Organisationsentwicklung durch die Pandemie und später durch den Krieg durcheinandergebracht wurde. Nach generellen Überlegungen zur Erfolgskontrolle in der Museumsarbeit diskutierte sie am Beispiel der Evaluation von „Kultur:Labor Thüringen“, des stiftungseigenen Jahresberichts sowie des Audience Developments der Klassik Stiftung unterschiedliche Ansätze für krisenfeste Evaluationen. Diese umfassen in der Regel einen Mix aus unterschiedlichen Methoden, untersuchen unterschiedliche Wirkungsabsichten und konnten dadurch auch immer als Mittel der internen Organisationsentwicklung genutzt werden.

Schließlich stellte Dr. Thomas Renz (Institut für Kulturelle Teilhabeforschung, Berlin) „Strukturelle Voraussetzungen für ein kontinuierliches Kultur-Monitoring am Beispiel des Forschungssystems KulMon® Berlin während der Pandemie“ vor. Es wurde gezeigt wie dieses Besucher*innenforschungssystem funktioniert und unterschiedlichen Herausforderungen der Publikumsforschung in Deutschland begegnet. In den Pandemiejahren konnte spontan auf verändernde Rahmenbedingungen reagiert werden. Die kontinuierliche Datenerhebung brachte dadurch Erkenntnisse zur Veränderung der Publikumsstruktur von Kultureinrichtungen sowie zur Wirksamkeit pandemiebedingter Maßnahmen (z.B. Hygiene-/Sicherheitsmaßnahmen). Als wichtige strukturelle Voraussetzungen wurden technische Kontinuität, finanzielle Stabilität und organisatorische Effektivität angeführt.

Aus den lebhaften Diskussionen des Tages können unter anderem zusammengefasst werden:

  • Die veränderten Rahmenbedingungen – insbesondere Lockdowns und Hygieneauflagen – hatten unmittelbaren Einfluss auf die technische Datenerhebung. So waren Face-to-Face-Interviews nur unter erschwerten Bedingungen durchzuführen. Zum Teil wurden deshalb digitale Erhebungsinstrumente eingesetzt, allerdings sind diese methodisch und technisch noch nicht ausreichend erprobt.
  • Die teilweise kurzfristigen Lockdowns, die stellenweise Überlastung der öffentlichen Verwaltungen und weitere pandemiebedingte Veränderungen führten zwangsläufig zu Verschiebungen in der Zeitplanung von Evaluationen. Eine Herausforderung auch für zukünftige Krisenzeiten liegt dann in der Nachregulierung und Abstimmung von Auftraggeber*in und Auftragnehmer*in.
  • Dort wo bereits eine ausgeprägte Evaluationskultur herrschte, wo verschiedene Akteur*innen Sinn, Instrumente und Grenzen von Evaluationen kannten, konnten diese schneller umgesetzt und Erkenntnisse effektiver generiert werden.
  • In Krisenzeiten mit veränderten Rahmenbedingungen wird erneut deutlich, welche Faktoren gute Evaluationspraxis befördern: Ein klar definierter Evaluationsauftrag, die Bereitschaft zur Reaktion auf veränderte Rahmenbedingungen durch alle Beteiligten sowie eine vorab erstellte Idee, wie der Erkenntnisgewinn in organisatorische Prozesse implementiert werden soll.

Die kompletten Präsentationen der Referent*innen stehen Ihnen auf der DeGEval-Website zur Verfügung:

Impressionen:

Die nächste Jahrestagung der DeGEval findet vom 13. bis 15. September 2023 in Magdeburg statt. Dort trifft sich auch turnusmäßig wieder der Arbeitskreis Kultur und Kulturpolitik. Anmeldungen sind voraussichtlich ab Ende Juni auf www.degeval.org möglich.