Bericht: Zentrale Erfolgsfaktoren für Kultureinrichtungen bei der Ansprache junger Menschen

Die Berliner Jugendkulturinitiative

Die Jugendkulturinitiative (JKI) ist ein Förderprogramm der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt, das in seiner zweijährigen Pilotphase 2024/25 gezielt die Kulturelle Teilhabe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den Blick nimmt. Spezifisch sollen über das Programm Berliner Kunst- und Kulturinstitutionen für junge Menschen aller Milieus in sozial benachteiligten Orten der Stadt zugänglicher als bisher werden.

Im Mittelpunkt der Förderung stehen wohnortnahe, partizipative und nachhaltige Angebote für Kulturelle Bildung. Diese werden von dauerhaft geförderten Kultureinrichtungen in Kooperation mit Akteur*innen in sozial benachteiligten Stadtquartieren (den sogenannten GI-Stadtteilen) durchgeführt (Outreach). Zum anderen sollen die Projekte dazu beitragen, den Stellenwert von Kultureller Bildung in den Kultureinrichtungen selbst zu erhöhen. Die Organisationsstrukturen dieser Einrichtungen sollen im Austausch mit jungen Menschen so weiterentwickelt werden, dass sie deren Bedürfnissen entsprechen. Dabei sollen auch die Erfordernisse Kultureller Bildung im jeweiligen Stadtgebiet berücksichtigt werden (Inreach).

Die Umsetzung der Jugendkulturinitiative wird übergreifend von Berlin Mondiale als Rahmenpartnerin bei ihren Inreach- und Outreach-Prozessen unterstützt.

Kernergebnisse:

  • Die dezentrale Arbeit in Stadtteilen, die weit vom eigenen Standort entfernt sind, stellt für die Kultureinrichtungen in Berlin eine echte Herausforderung dar – vor allem wegen der oftmals großen räumlichen Distanzen und fehlender Kenntnisse über die lokalen Gegebenheiten. 
  • Outreach-Maßnahmen für junge Menschen erfordern von Kultureinrichtungen einen Ausbau ihrer stadtteilspezifischen Diversitätskompetenz.
  • Eine Kombination aus langfristigen Kooperationen der Kultureinrichtungen im Stadtraum und zielgruppengerechter Kommunikation weckt bei jungen Menschen das Interesse für künstlerische Angebote.
  • Um junge Menschen zu erreichen, braucht es prozessorientiertes und pädagogisches Arbeiten für echten Beziehungsaufbau – deren praktische Umsetzung hängt jedoch stark von den Ressourcen der Kooperationspartner*innen der Kultureinrichtungen ab.
  • Die geförderten Projekte sind besonders erfolgreich, wenn junge Menschen bei künstlerischen Angeboten Alltagsbezug erleben, Gemeinschaftsgefühl entwickeln und echte Mitgestaltungsmöglichkeiten haben.
  • Die Kooperationspartner*innen leisten wichtige (soziale) Vermittlungsarbeit zwischen Kultureinrichtungen und Stadtteil. Sie sind für die Kultureinrichtungen die sozialen Intermediäre oder auch Brückenbauer*innen ihres Stadtteils. Ihre Einbindung und die weiterer Multiplikator*innen im Bezirk ist für den Projekterfolg elementar.
  • Die Expertise der Kooperationspartner*innen ist essentiell: Sie ermöglicht Kultureinrichtungen erst den Zugang zu lokalen Akteur*innen und ihren Zielgruppen sowie zu pädagogischem Fachwissen und Räumen vor Ort.
  • Die geförderten Kultureinrichtungen sehen dauerhaften Zugang zu Räumen in den GI-Stadtteilen (sozial benachteiligte Quartiere der Gemeinschaftsinitiative) als wesentliche Voraussetzung für nachhaltige Arbeit im Sozialraum.
  • Die Begleitstruktur und Netzwerktreffen, organisiert durch die zentrale Anlaufstelle Berlin Mondiale, wurde von allen geförderten Kultureinrichtungen als sehr hilfreich empfunden. Sie unterstützte die Einrichtungen bei der Antragstellung, vermittelte Kooperationspartner*innen und Räume und bot in ihren Werkstätten Raum für Netzwerken, Weiterbildung und gemeinsame Reflexion.
  • Die geförderten Kultureinrichtungen betonen: Für nachhaltige Erfolge braucht die dezentrale Arbeit vor allem Zeit für den Strukturaufbau mit den Kooperationspartner*innen und die Vertrauensbildung mit jungen Menschen. Hierfür benötigen sie eine dauerhafte Förderung.

Handlungsempfehlungen:

  • Für Förderprogramme wie die Jugendkulturinitiative sind längere Antragsfristen und feste Rahmenpartnerorganisationen als zentrale Anlaufstelle für die Kultureinrichtungen empfehlenswert, damit diese ihre Projekte optimal vorbereiten und umsetzen können.
  • Mehrjährige Förderprogramme wie die Jugendkulturinitiative mit prozessorientierten Zielen sind vielversprechend, das belegt auch die Studie zum „Status quo der Kulturellen Bildung in Berlin“. Sie ermöglichen es, dauerhafte Beziehungen zu Kooperationspartner*innen und Zielgruppen aufzubauen, bewährte Ansätze in die Gesamtstrategie und nachhaltige Programmstrukturen der Kultureinrichtungen zu überführen.
  • Ob die Kooperationspartner*innen der Kultureinrichtungen passende Räume oder bedarfsgerechte Öffnungszeiten in ihren Stadtteilen anbieten können, hängt von ihren finanziellen und personellen Ressourcen ab. Es sollte bei vergleichbaren Modellprojekten künftig stärker berücksichtigt werden, auch für diese Einrichtungen adäquate Finanzressourcen einzuplanen.
  • Insbesondere für die dezentrale Arbeit wäre eine ressortübergreifende lokale Strategie für Kulturelle Bildungsarbeit im Sozialraum zwischen Senat, Bezirken, Kultur- sowie Sozial- und Bildungseinrichtungen hilfreich.  So könnten Förderlinien wie die Jugendkulturinitiative auch die Bedarfe der beteiligten Kultureinrichtungen und ihrer Kooperationspartner*innen zusammengedacht berücksichtigen und finanzieren.
  • Die innerhalb der Jugendkulturinitiative geförderten Kultureinrichtungen wählten die GI-Stadteile, in den sie aktiv werden wollen, selbst aus. Unklar bleibt, ob die Jugendkulturinitiative alle GI-Stadtteile abdecken soll oder nicht. Hier sollte die Förderlinie ihre Zielsetzung klarer formulieren.
  • Zentrale Anlaufstellen für die Kultureinrichtungen mit kiez- und stadtteilbezogener Expertise wie Berlin Mondiale, tragen stark zum Erfolg der JKI bei. Sie ergänzen die Antragsberatung, liefern Fachwissen, und sorgen für Wissenstransfer, Vernetzung und kontinuierliche Beratung. Bei einer Fortsetzung der Jugendkulturinitiative sollte die Rahmenpartnerschaft beibehalten werden.
  • Outreach-Maßnahmen für junge Menschen erfordern stadtteilspezifische Diversitätskompetenz der Kultureinrichtungen. Viele fühlen sich bei pädagogischen und diversitätsspezifischen Themen nicht ausreichend ausgebildet oder geben an, dass Mittel für ausreichend pädagogisches Personal fehlen, um diversitätssensibel mit Gruppen zu arbeiten. Empfohlen werden interne Weiterbildungen oder die Entwicklung von Leitbildern mit Bezug auf Diversität und Antidiskriminierung.